Perthes Project Intro

Press Release (in German),

September 2012

Globalisierung und lokales Wissen

Globalisierung und lokales Wissen: Sammlungsbezogene Forschungen zum Verlag Justus Perthes

 

„Globalisierung und lokales Wissen: Sammlungsbezogene Forschungen zum Verlag Justus Perthes“ ist der Titel eines Pilotprojekts am Forschungszentrum Gotha für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien der Universität Erfurt, das vom Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit Mitteln in Höhe von 300.000 Euro gefördert wird und jetzt gestartet ist. Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt und soll die Forschungspotenziale der 2003 vom Freistaat Thüringen erworbenen kartografisch-geografischen „Sammlung Perthes Gotha“ erstmals umfassend aufzeigen. Darüber hinaus soll es dazu beitragen, die Bestände der Sammlung weiter zu erschließen und u.a. der Etablierung eines sogenannten „GlobMapLaboratory“, einer virtuellen Kartenplattform, dienen.

Von Wissenschaft und Öffentlichkeit wird die Sammlung Perthes bisher vor allem als Kartensammlung wahrgenommen. Karten bildeten auch zweifellos das Zentrum der Produktion des Perthes Verlages, doch machte die Kartenherstellung nur einen kleinen Teil der Verlagsaktivitäten aus. Von Gotha aus wurde geografisches Wissen nicht nur kartiert, popularisiert und verkauft, Perthes war zugleich eine Institution, in der Wissen aus allen Bereichen der Geografie und Naturforschung gesammelt und in verschiedensten Medien weiterverarbeitet wurde. Schon für Zeitgenossen war Perthes kein passiver Vertriebskanal für geografische Produkte, sondern – vergleichbar mit einer Universität oder wissenschaftlichen Forschungseinrichtung – einer der wichtigsten und lebendigsten Knotenpunkte der „geografischen Gelehrtenrepublik“, vor allem des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Die zentrale Stellung des Verlages in der damaligen Wissenschaftslandschaft spiegelt sich noch heute in der Sammlung Perthes wider. Als Arbeitsinstrument des Verlages finden sich in ihr neben der Kartensammlung auch bislang weniger beachtete Materialgruppen, die wie eine Kette zwischen den ersten Feldbeobachtungen und den kartografischen Endprodukten liegen: Vermessungsaufzeichnungen, Feldnotizen, Kartenskizzen, Reisetagebücher und Korrespondenzen, Arbeitstagebücher von Kartografen, Kupferplatten, Archivalien des Unternehmens wie beispielsweise Rechnungsbücher, eine umfangreiche geografische Spezialbibliothek und meterweise Loseblattsammlungen mit Detailinformationen. Jedoch wurde das in dieser Überlieferungsdichte einzigartige Zusammenspiel verschiedenster Materialgruppen von der kulturhistorischen Forschung bislang kaum wahrgenommen. Die Sammlung Perthes ist auch im internationalen Vergleich eines der wenigen Archive, das nicht universitär oder als Bibliothek, sondern betriebswirtschaftlich organisiert war und gleichzeitig als maßgeblicher Motor wissenschaftlicher Forschung wirkte. Es existiert kaum eine Vergleichssammlung, anhand derer sich Ökonomien des Wissens in einer solchen Überlieferungsdichte und -komplexität nachvollziehen lassen wie in der Gothaer Sammlung.

Die neue Projektstudie am Forschungszentrum Gotha soll nun an drei Fallbeispielen die einzigartig miteinander verzahnten Materialgruppen der Sammlung in ihrem Zusammenhang untersuchen und darauf aufbauend längerfristige Strategien einer innovativen sammlungsbezogenen und drittmittelbasierten Forschung entwickeln. Eng damit verknüpft wird im Anschluss ein virtuelles Kartenlabor aufgebaut, durch das die Materialien und Ergebnisse der Fallstudien präsentiert und Kartenbestände der Sammlung Perthes digital bereitgestellt werden. Im Ergebnis sollen das Profil des Forschungszentrums Gotha um den Schwerpunkt „Sammlungsbezogene Wissens- und Wissenschaftsgeschichte der Globalisierung in der Neuzeit“ erweitert, die vorhandene Infrastruktur durch Einwerbung von Drittmitteln und DFG-Projekten gestärkt sowie das Kartenlabor in eine virtuelle Forschungsumgebung für netzbasiertes wissenschaftliches Arbeiten in Forschung und Lehre überführt werden. „Unser Projekt wird einen wesentlichen Beitrag zu einer überregionalen und internationalen Profilierung der wissenschaftlichen Sammlungs- und Forschungslandschaft Thüringens leisten“, sagt der Wissenschaftshistoriker Nils Güttler, der im September als einer der beiden durch die Förderung des Ministeriums unterstützten Projektmitarbeiter seine Arbeit aufgenommen hat. „Gleichzeitig wollen wir mit unserem Vorhaben zur Sammlung Perthes und dem Ausbau des Forschungszentrums Gotha einen wichtigen Beitrag zu dem vom Freistaat Thüringen energisch vorangetriebenen Ausbau Gothas zum ‚Barocken Universum‘ als dem neben dem ‚Kosmos Weimar‘ zweiten kulturellen Herzstück Thüringens leisten.“
Projektpartner

Ansprechpartner

Dr. des. Nils Güttler

  • +49(0)361/737-1726
  • +49(0)361/737-5539

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