Albrecht Daniel Thaer (1752–1828) ist ein Held der Wissenschaftsgeschichte. Bereits zu Lebzeiten hoch geschätzt, galt er seitdem als Gründungsvater der modernen Agrarwissenschaften in Deutschland; der Legende nach hat er als Erster Theorie und Praxis der Landwirtschaft erfolgreich miteinander verbunden. In neuester Zeit fragen einzelne Historiker, ob die Geschichtsschreibung dem Selbstbild Thaers als erster Wissenschaftler im Fach möglicherweise zu unkritisch gefolgt sei. In ihrem Vortrag stellt Frau Lehmbrock die Konstruktion dieses Selbstbildes in den Mittelpunkt und kontextualisiert die Stellungnahme Thaers zu Beginn des 19. Jahrhunderts vor dem Hintergrund des 18. Jahrhunderts. Welche Formen, Requisiten und Techniken verbergen sich hinter jener Ein-Mann-Show? Auf welche Ressourcen griff Thaer in seiner Zeit zurück, um den Bruch zwischen ihm und seinen Vorgängern rhetorisch zu vollziehen?
Verena Lehmbrock ist Promotionsstudentin am Institut für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaften und Technik der Universität Jena. Ihre Dissertation lautet „Den Mist denken: Landwirtschaft als Objekt der Erkenntnis. Agrarisch-ökonomische Aufklärung in Deutschland ca. 1730–1830“. Von Februar bis April 2013 forschte sie als Herzog-Ernst-Stipendiatin in Gotha.