Tagung am Forschungszentrum Gotha
„Mitten in Deutschland – mitten im Krieg? Leben und Handeln in einer Ausnahmesituation, 1618-1648“
Der Dreißigjährige Krieg gilt infolge seiner bereits in zeitgenössischen Darstellungen vielfach thematisierten Gewaltexzesse und der aus ihm resultierenden Verheerungen spätestens seit dem 19. Jahrhundert als exzeptionelle Katastrophenerfahrung und Störfall der deutschen (National‑) Geschichte. Während dieses Bild in den letzten Jahrzehnten seitens der geschichtswissenschaftlichen Forschung erhebliche Differenzierungen erfahren hat, dominiert im populärwissenschaftlich-medialen Diskurs mehr denn je das Bild des Dreißigjährigen Krieges als „Ur-Katastrophe“ oder „Ur-Trauma der Deutschen“ bzw. als „deutsche Tragödie“.
Die Einschätzung der Geschehnisse als Ausnahmesituation und „totaler Krieg“ – so der bezeichnende Untertitel des Computerspiels „1648“ – übersieht jedoch den Umstand, dass die Intensität des Krieges zeitlich und regional stark differierte und dass auch in mäßig oder sogar stark vom Krieg betroffenen Regionen ‚das Leben weiterging‘. Die Menschen lernten in mancherlei Weise, mit dem Krieg und seinen Folgen umzugehen oder sogar von ihm zu profitieren.
Die Tagung stellt deshalb das Leben im und den Umgang mit dem Dreißigjährigen Krieg und besonders die damit verbundenen Handlungsoptionen und ‑spielräume unterschiedlicher Akteure – individueller wie kollektiver und institutioneller – in den Mittelpunkt. Die Beispiele reichen dabei vom politisch-dynastischen Handeln mit dem Krieg konfrontierter Fürsten und dem Verwaltungshandeln von Amtspersonen über die ökonomischen Aktivitäten und biographischen Entscheidungen unterschiedlicher am Krieg beteiligter Akteure bis hin zu transzendenten Umgangsweisen mit dem Krieg.
Beitragsbild: Ein Spiel fengt sich gar leichtlich ann, Flugblatt, ca. 1621, The British Museum, Inv.-Nr. 1880,0710.848.