Gesteins-Mustertäfelchen, meist rechteckig geschnitten und einseitig poliert, sind eine wenig beachtete Objektgruppe geologischer Sammlungen. Suiten solcher Mustertäfelchen besitzen eine eigene Ästhetik, da sie sich trotz ihrer identischen Form in Farbe, Struktur und Härte voneinander unterscheiden. Angeregt durch den kleinen, aber inhaltsreichen Bestand dieser Objekte in der geowissenschaftlichen Sammlung der Stiftung Schloss Friedenstein standen die historischen Steintäfelchen-Sammlungen des 18. Jahrhunderts im Fokus des von der Volkswagen-Stiftung geförderten Workshops „Quadratisch – praktisch – unbekannt. Geschnittene Steine in Kunst- und Naturalien-kabinetten“, den Carsten Eckert und Julia A. Schmidt-Funke für den Sammlungs- und Forschungsverbund Gotha vom 5. bis zum 7. September 2018 veranstalteten.
26 Kolleginnen und Kollegen aus den Natur- und Geisteswissenschaften, der Steinrestaurierung und dem Natursteinhandel präsentierten unterschiedliche Facetten des Themas und kamen miteinander ins Gespräch. Sektion 1 widmete sich unter dem Titel „Boden und Schätze“ den Objekten aus fürstlichen Kunst- und Naturalienkammern, wie den Sammlungen Herzogs Anton Ulrich von Sachsen-Meiningen, der Coburger Herzöge, der Landgrafen von Hessen sowie der sächsischen Kurfürsten. Sektion 2 beinhaltete unter dem Thema „Ästhetik und Erkenntnis“ die Verwissenschaftlichung der Objekte in der Zeit um 1800. Als exemplarisch dafür wurden Gesteinssuiten von Johann Wolfgang von Goethe, Alexander von Humboldt, der Mineralogischen Sozietät zu Jena und der Universität Göttingen vorgestellt. Mit „Kunst und Handwerk“ brachte Sektion 3 die Verarbeitung und Anwendungsbeispiele geschnittener Steine zur Sprache. Die Steinschleiferei im Zuchthaus Bayreuth, Sammlungsmöbel aus Schloss Mosigkau bei Dessau sowie der Bestand an geschnittenen Steinen im Interieur der preußischen Königsschlösser waren dabei von Interesse. Einen lebendigen Eindruck von den handwerklichen Fertigkeiten der Steinschneider hinterließ die Vorführung der traditionellen florentinischen Steinschneidetechnik mit historischen Werkzeugen. Die letzte Sektion zeigte mit „Suchen und Finden“ Nutzungsmöglichkeiten von Daten-banken und Webportalen für die schwer zu erfassende Objektgruppe der Mustertäfelchen auf.
Gelegenheit zum weiteren Austausch bot die Jahresausstellung der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha zum Thema „Modellsammlungen um 1800“, die u.a. eine Auswahl von Mustertäfelchen präsentierte. Unterstützt vom Freundeskreis der Salzmann-Schule schloss eine Exkursion zum historischen Naturalienkabinett des Schnepfenthaler Gymnasiums die drei intensiven Veranstaltungstage ab.
Insgesamt machte der Workshop deutlich, dass die geschnittenen Steine ein aussichtsreiches Thema interdisziplinärer Sammlungsforschung sind, dem es weiter nachzugehen lohnt. Für die Sammlungserschließung erbrachte der Dialog zwischen Kurator/innen, Restaurator/innen, Geowissenschaftler/innen und Kulturwissenschaftler/innen wichtige Impulse. Ein ausführlicher Tagungsbericht ist hier abrufbar. Eine Open-Access-Veröffentlichung der Tagungsergebnisse befindet sich in Vorbereitung.