Am Donnerstag, 4. Februar 2016, lädt das Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt ein zum Vortrag von Dr. habil Morgane Labbé aus Paris. Sie spricht über „Ein Atlas in Zeiten des Krieges: Der geographisch-statistische Atlas von Polen von Eugeniusz Romer“. Beginn ist um 17:15 Uhr im Seminarraum des Forschungszentrums auf dem Gothaer Friedenstein, der Eintritt ist frei. Alle Interessierten sind herzlich willkommen.
Eugeniusz Romer gilt als Begründer der polnischen Geographie, auch sein kartographisches Werk ist eng mit seinem nationalen Engagement verbunden. Bekannt wurde Romer vor allem mit dem Geographisch-statistischen Atlas von Polen, abgeschlossen im Jahr 1916, mitten im Ersten Weltkrieg als Polen noch ein geteiltes, besetztes Land war und der Kriegsverlauf im Osten ungewiss erschien. Es ist erstaunlich zu sehen, wie, mit welcher Methode und mit welchen Daten, es Romer gelang, in dieser höchst unübersichtlichen Zeit die Karte eines künftigen Polen zu entwerfen. Denn das Vorhaben war kühn und gewagt. Schließlich arbeitete Romer mit Daten feindlicher Staaten, überdies nahm er mithilfe extrapolierender Verfahren Daten der physikalischen Geographie auf, um die Einigung Polens im Kartenbild zu konstruieren. Romer unterließ es allerdings, politische Grenzen zu ziehen, sodass der Atlas in der Nachkriegszeit in offiziellen Zusammenhängen zugelassen und genutzt werden konnte. Mit seiner Konzentration auf den polnischen Binnenraum erwies sich der Atlas insgesamt als anpassungsfähig an unterschiedliche politische Kontexte – was seine Karriere durchaus beförderte. Der Vortrag zeigt Romers strategisch wissenschaftlichen wie politischen Einsatz für die polnische Nation und diskutiert den Atlas von Polen als Beispiel einer eng mit dem Politischen verbundenen Kartographie.
Morgane Labbé ist Historikerin an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris. Ihr Spezialgebiet ist die ostmitteleuropäische Geschichte, wobei sie insbesondere die Rolle von ethnographischen Karten und Statistiken in Nationalismus und Bevölkerungspolitik erforscht.
Abbildung: Eugeniusz Romer, from Wikimedia Commons